Warum ist es jetzt an der Zeit, sich über ein neues Rollenverständnis von Schulaufsicht in Deutschland Gedanken zu machen?
Alexander Kraft: Wir sehen gerade große Prozesse, die durch Bund und Länder angeschoben werden. Insbesondere mit dem Startchancen-Programm haben wir ein nie dagewesenes, umfangreiches Maßnahmenpaket, das in den Ländern umgesetzt werden muss. Dabei kann die verantwortliche Steuerung nicht der einzelnen Schule überlassen sein, sondern es braucht jetzt Mittler, die dazu beitragen, dass die von den Schulen erarbeiteten Lösungen abgestimmt sowie mit allen Partnern vor Ort gut verabredet werden und kohärent sind. Diese Kohärenz kann nur eine Instanz stiften, die außerhalb der Schule ist, aber innerhalb des Systems. Das ist genau die Rolle der Schulaufsicht als Mittlerin zwischen der Politik, die Vorgaben macht und neue Programme initiiert, und den Schulen, die diese umsetzen sollen.
Worin besteht im Wesentlichen der Wandel zwischen diesen beiden Positionen? Was ist neu an der Herausforderung für die Schulaufsicht?
Alexander Kraft: Bezogen auf Schleswig-Holstein hatten wir einen sehr starken Fokus auf das, was vor Ort in der Schule passieren muss, weil dort die eigentliche Schul- und Unterrichtsentwicklung gestaltet wird. Was aber nicht so im Blick war: Gibt es auch gute gelingende Prozesse, die skalierbar sind und die in die Fläche ausgerollt werden können? Diese Erkenntnis ist in dieser Klarheit neu, das hat das Startchancen-Programm ergeben. Es braucht Ressourcen für spezifische Lösungen, aber vor allem braucht es abgestimmte Vorgehensweisen. Diese gilt es dann zu multiplizieren und die Startchancen-Schulen in einen Austausch miteinander zu bringen, damit sie voneinander lernen und die Umsetzungsideen teilen können.