Mit seiner „Schmetterlingspädagogik“ verbindet Ruppaner zwei Flügel: das freie, digitale Lernen in Lernateliers und das Lernen durch echte Erfahrungen – etwa im Rathaus, auf dem Bauernhof oder im Wald. Die Schule verzichtet weitgehend auf Noten, Klassenräume und Frontalunterricht. Stattdessen stehen individuelle Lernwege, Coaching und Gemeinschaft im Mittelpunkt.
Ruppaner ist ein scharfer Kritiker des bestehenden Bildungssystems. Er fordert eine grundlegende Reform der Lehrkräfteausbildung und plädiert für eine neue Rolle der Schulaufsicht: weg von Kontrolle, hin zu Begleitung und Ermöglichung. Seine Schule zeigt, dass Transformation möglich ist – und wirkt: Die Lernleistungen seiner Schüler:innen übertreffen regelmäßig den Landesdurchschnitt.
Heute ist Stefan Ruppaner nicht nur Autor und Speaker, sondern auch Vorstand einer Genossenschaft für freie Lernmaterialien. Sein Wirken inspiriert Schulen, Schulaufsichten und Bildungspolitik gleichermaßen – und stellt die Frage: Wie könnte Schule wirklich sein?
Welche strukturellen Rahmenbedingungen waren entscheidend für die Transformation Ihrer Schule?
Stefan Ruppaner: Zunächst braucht es den Willen zur Veränderung – die Lust, etwas Neues zu wagen und die Offenheit, andere Wege zu sehen. Das war bei uns gegeben. Ich hatte ein motiviertes Kernteam, das gesagt hat: Ja, wir wollen Schule neu denken – weg vom Lehren, hin zum Lernen. Selbstorganisiertes Lernen sollte im Mittelpunkt stehen.
Strukturell war die Unterstützung des Schulträgers entscheidend. Anfangs war er skeptisch, aber nach mehreren Gesprächen hat er unseren Weg mitgetragen und begleitet.
Was ich für unverzichtbar halte, ist Unterstützung von außen – der Blick aus einer anderen Perspektive. Die Schulverwaltung tut sich schwer damit, weil sie aus einer anderen Haltung kommt. Bei uns war es der Schweizer Peter Fratton (Anm.d.Red.: Gründer des Haus des Lernens), der unsere Prozesse begleitet und uns neue Perspektiven eröffnet hat. Ohne ihn hätten wir die strukturellen Voraussetzungen und die nötige Haltungsveränderung wohl nicht geschafft.
Sie sprechen von Haltungsveränderung – wie gelingt das konkret?
Stefan Ruppaner: Hilfreich ist, mutig Dinge auszuprobieren, ohne alles bis ins Detail durchzudenken. Wir haben einfach losgelegt – sogar bauliche Veränderungen ausprobiert. Dieses Prinzip des Ausprobierens und anschließenden Evaluierens hat sich bewährt. Man kann nicht von Anfang an wissen, wie alles in zehn Jahren aussehen wird. Man muss den Weg gehen und anfangen.
Dafür braucht es Offenheit – nicht nur in der Schule, sondern auch in den umgebenden Systemen. Nur so lassen sich neue Ansätze wirklich erproben.
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Schulaufsicht gemacht?
Stefan Ruppaner: Zu Beginn hatten wir große Unterstützung vom Schulamtsdirektor, der politisch eher konservativ war. Auch das Schulamt hat uns anfangs sehr geholfen. Leider hat sich das später gewandelt: Statt Unterstützung gab es Gängelung, und man hat versucht, unsere Arbeit zu behindern. Pädagogische Unterstützung war nicht mehr erkennbar, und es gab kein Interesse an unseren Erfolgen. Das ging bis zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, die wir zum Glück alle gewonnen haben.












