Leadership auf Bewährungsprobe

Gute Führung zeigt sich vor allem in Ausnahmesituationen – wie in Zeiten der Corona-Pandemie. Die Leadership-Expertin Dr. Sandra Berenbold betont: Alle Führungskräfte stehen in der aktuellen Situation hinsichtlich ihrer Führungsrolle und der Art der Zusammenarbeit vor besonderen Herausforderungen, die noch keiner zuvor erlebt hat. Dazu zählen auch Mitarbeitende der Schulaufsicht und Schulleitungen.

Diese Zeit ist geprägt von großer Unsicherheit und Überforderung, ausgelöst durch ungeübte Arbeitsweisen und fehlende Routinen, wie der Digitalisierung «auf Knopfdruck». Damit einher gehen bei den Mitarbeitenden oft emotionale Distanz, Verlust von Energie und Erschöpfung. Führungskräfte müssen diese Effekte auch in Hinblick auf eine ungewisse Zukunft ernstnehmen.

„Es kommt darauf an, welche Haltung wir selbst an den Tag legen“, betont Sandra Berenbold in der Diskussionsrunde mit Mitarbeitenden der Schulaufsicht. Es sei wichtig, auch mit der eigenen Unsicherheit offen umzugehen, Klarheit und Transparenz zu schaffen und nah an den Mitarbeitenden dran zu sein. „Man muss kein Führungssuperheld sein, sondern jemand, der offen und ehrlich ist, Unsicherheiten teilt und gemeinsam mit dem Team nach Lösungen sucht.“

Call für mehr Leadership

Die größte Gefahr besteht darin, Menschen abzuhängen. Doch gerade in dieser Zeit kommt es auf den Beitrag jeder einzelnen Person an – ob Schulaufsicht, Schulleitung oder Lehrkraft. Es ist wichtig, gut zusammenzuarbeiten und vor Ort schnelle und kreative Lösungen zu finden. Nur mit Herzblut und Durchhaltevermögen kann der Schulbetrieb aufrechterhalten werden. Das setzt eine Akzeptanz der herausfordernden Arbeitsbedingungen «am Limit» voraus.

Dafür braucht es laut Dr. Sandra Berenbold besonders jetzt eine starke Führung. Sie erläutert, dass es dabei vor allem um sichtbare Führung geht. Schulleitungen und Kollegien brauchen das Vertrauen, selbstgesteuert Lösungen finden zu können. Sie sind von möglichst klaren Zielvorstellungen und Erwartungsbeschreibungen abhängig, die ihnen die nötige Orientierung geben. Mitarbeitende brauchen das Gefühl, dass das, was sie tun, sinnhaft ist.

Eine sichtbare Führung zeigt für diesen besonderen Arbeitseinsatz mit begrenzten Ressourcen viel Wertschätzung. Diese Art der Führung löst zwar nicht die Probleme, aber sie federt die Belastung ab. Sie gibt Halt und Kraft, um es gemeinsam zu schaffen.

Krisenhafte Zeiten brauchen noch mehr Führung

Dr. Sandra Berenbold setzt sich für ein inspirierendes Führungsverhalten ein. Eine Führungskraft, die aktiv vermeidet zu führen, sei schädlicher als gar nicht zu führen. Aber auch Führung, die ihr Tun nur mit ihrer administrativen Funktion verbindet, ist aus ihrer Sicht sinnentleert. Im Gegensatz zu diesem „laissez faire leadership“ sollten starke Führungspersonen spürbar sein, aktiv wahrgenommen werden und damit in diesen unsicheren Zeiten Orientierung geben.

Vom Steineklopfer zum Kathedralenbauer

Inspirierende Führungskräfte müssen beantworten, was genau gemeinsam entstehen soll und wobei jede und jeder Einzelne seinen Beitrag leisten kann. Das kostet Energie, Zeit und Einfühlungsvermögen. Während Steineklopfer ihre Entlohnung als Schmerzensgeld für eine freudlose Arbeit sehen, bewerten Kathedralenbauer die gleiche Tätigkeit als unentbehrlichen Teil eines gemeinschaftlichen Werkes. Von Steineklopfern können keine kreativen Lösungen und besondere Einsatzbereitschaft erwartet werden. Diese Kolleginnen und Kollegen tragen aber auch ein großes Risiko emotionaler Überbelastung und Überforderung. Umso wichtiger ist es für die Führungskräfte, die gemeinsame Zielvorstellung immer wieder aufzuzeigen.

Inspirierende Führung: „Start with the Why“

Die Kathedrale als Sinnbild eines gemeinsamen „Why“ erhöht den Stellenwert der Arbeit jedes einzelnen. Selbst der kleinste Beitrag zahlt auf etwas Großes ein, auf das man stolz sein kann.

Führungskräfte, die ein „Why“ nutzen, führen noch mehr über Inspiration und nicht „Command-Control“. Sie stärken ihr Team und können Verantwortung abgeben, aber schaffen gleichzeitig den Rahmen. Vor allem verstehen sich diese Führungskräfte als aktive Gestalterinnen und Gestalter der aktuellen Situation und geben Zuversicht für die Zukunft.

Der Impulsvortrag auf einen Blick

© K. Reetz / DKJS
  • Erscheinungsdatum: 26.11.2020
  • LiGa
Creative Commons BY-SA 4.0

Dieser Artikel wird unter der Creative Commons-Lizenz „Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0)“ veröffentlicht. Weitere Informationen: Creative Commons Lizenz

Weitere Beiträge zum Thema