Die Vielfalt unserer Gesellschaft zeigt sich selbstverständlich auch in den Schulen: Dort kommen Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen zusammen. Sie alle sind einzigartige Persönlichkeiten – mit individuellen Interessen, Begabungen, Lernvoraussetzungen und Fähigkeiten. Dieser Heterogenität der Lernenden lässt sich mit einem alten Fabrikmodell von Schule nicht gerecht werden, wonach alle im „Gleichschritt“ lernen.
Der Schlüsselbegriff lautet Individualisierung, die als „Leitmaxime der Unterrichtsreform“ (Heinzel et al. 2018, S. 7) benannt wird. Kaum ein bildungspolitisches Programm kommt heute ohne diesen Begriff aus: „In den Schulgesetzen der meisten Bundesländer ist ein Recht auf individuelle Förderung verankert. Die ‚Potenziale des Einzelnen auszuschöpfen‘, wird mehr und mehr als eine zentrale Aufgabe aller Schulstufen formuliert“ (ebd.). Traub (2022, S. 20) fasst zusammen, dass Lernen ein hochgradig individueller Prozess ist. Begründen lässt sich dies unter anderem mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, Lernstrategien und Lernmotivationen, die sich beispielsweise auf das Lerntempo jedes einzelnen Lernenden auswirken. Daher sollten Lernprozesse individualisiert und damit an den einzelnen Lernenden angepasst werden. Nur so haben alle Lernenden die Chance, zu einem größtmöglichen Lernerfolg zu kommen (ebd.).
Dieser Anspruch bzw. dieses Ziel erweist sich „nicht nur als schulische Herausforderung, sondern als Aufgabe für das gesamte Bildungssystem, sowohl bezogen auf die pädagogische Praxis als auch die wissenschaftliche Forschung“ (Fischer 2014, S. 115).
Verschiedene Begriffe – ein Ziel
Die Begriffe individualisiertes Lernen, individuelle Förderung und Differenzierung werden in diesem Zusammenhang nicht immer trennscharf verwendet – im schulischen Alltag ebenso wie in der Fachliteratur.
Bei der Differenzierung stehen die Maßnahmen im Fokus, d.h. die Anpassung von Lernangeboten an Gruppen von Lernenden, z. B. durch eine innere Differenzierung des Unterrichts auf mehreren Niveaustufen. Differenzierung bedeutet die „Unterscheidung, Verfeinerung, Abstufung und Aufteilung der Lerninhalte“ (Paradies/Linser 2019, S. 10).
Auch der Begriff individuelle Förderung ist aus der Perspektive der Lehrenden formuliert, die das Lernen unterstützen bzw. fördern. Individuelle Förderung umfasst nach dem heutigen Verständnis nicht nur die Förderung von Schüler:innen mit Lern- und Leistungsschwierigkeiten, sondern auch von Kindern und Jugendlichen mit Leistungsstärken oder besonderen Lernpotenzialen. Es geht also um die individuelle Förderung aller Schüler:innen.
Der Begriff des individualisierten Lernens hingegen rückt die Perspektive der Lernenden in den Mittelpunkt. Der Lernende kann an seine spezifischen Voraussetzungen anknüpfen und in seinem eigenen Tempo lernen – und übernimmt dabei zunehmend Verantwortung für die Gestaltung des eigenen Lernens. Dafür gibt es „nicht das eine gültige didaktische Konzept, sondern es werden die Möglichkeiten genutzt, die unterschiedlichsten Methoden, Medien, Aufgabenformate so einzusetzen, dass sie nachhaltiges Lernen ermöglichen. Individualisiertes
Lernen umfasst sowohl personalisierte Lernphasen wie auch das Lernen in der Gemeinschaft, es braucht individuell zugeschnittene Aufgaben ebenso wie anspruchsvolle Projekte für Gruppen“ (Höhmann, in: DKJS/QUA-LiS NRW 2019, S. 6).














