„Wenn ich Schulen zielorientiert bei der Qualitätsentwicklung von Unterricht unterstützen möchte, sollte ich wissen, wie der Unterricht in der Schule tatsächlich aussieht. Unterricht ist der Kern von Schule – daher ist es wichtig, dass ich mir gemeinsam mit der Schulleitung ein Bild über den Unterricht verschaffe und dass wir das, was wir an Eindrücken gewinnen, miteinander abgleichen“, sagt Brita Tyedmers, Oberschulrätin in Berlin-Reinickendorf. So entstand die Idee, gemeinsam mit der Schulleitung Unterrichtsbesuche durchzuführen.

Unterstützungsangebot

Besonders wichtig ist aus Sicht von Brita Tyedmers, dass die Schulleitung den Besuch nicht als Kontrolle, sondern als wertschätzendes Unterstützungsangebot empfindet. „Sie müssen es selbst wollen“, sagt sie. Gerade die Individualisierung von Lernprozessen stellt viele Schulen vor große Herausforderungen. Ob methodische Ansätze oder Raumgestaltung: Gute Beispiele zu identifizieren und diese beispielsweise in den Gesamt- oder Fachkonferenzen vorzustellen – das mache anderen Mut. „Mein Ziel ist: Ich möchte, dass in den Schulen verstärkt zielorientiert über Unterrichtsentwicklung gesprochen wird, dass sich Unterricht verändert und öffnet, dass Lehrkräfte kollegiale Hospitationen nutzen, um voneinander zu lernen und Ideen auszutauschen.“

Ablauf

Nach einer Pilotphase sieht der Ablauf inzwischen so aus:

  • Die Oberschulrätin schlägt einen Zeitraum für die Hospitationsphase im Schuljahr vor.
  • Die Schulleitung wählt einen Termin aus und informiert das Kollegium.
  • Die Schulleitung legt zwei Beobachtungsschwerpunkte fest. Sie entscheidet auch, welcher Unterricht besucht wird und wie lange Schulaufsicht und Schulleitung im Unterricht bleiben.
  • Der zeitliche Umfang umfasst einen ganzen Tag. Von ca. 8.30 Uhr bis 14:30 Uhr besuchen Schulaufsicht und Schulleitung gemeinsam den Unterricht.
  • Sechs Augen sehen mehr als vier. So nehmen an einigen Schulen auch stellvertretende Schulleitungen teil.
  • Anschließend erfolgt ein Auswertungsgespräch.

Auswertungsgespräch

Im Auswertungsgespräch geht es um diese Punkte:

  • Die Schulleitung hat das erste Wort. Was hat sie hinsichtlich der selbstgewählten Schwerpunkte beobachtet?
  • Es folgt ein Abgleich mit den Beobachtungen der Schulaufsicht: Stimmt das Bild überein oder gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen?
  • Wie möchte die Schulleitung nun mit diesen Ergebnissen umgehen? Wie können die positiven Eindrücke in die Schule getragen werden? Wie geht die Schulleitung mit Eindrücken um, die einen Bedarf signalisieren könnten?
  • Welche Unterstützung wünscht sich die Schulleitung dabei von der Schulaufsicht?

Die Schule arbeitet mit den Ergebnissen eigenverantwortlich weiter.

Es gibt zwar Lehrkräfte, die die Unterrichtsbesuche kritisch sehen. „Aber als ich kürzlich einen Termin verschieben musste, erhielt ich von der Schule die Rückmeldung: Da werden die Kolleginnen und Kollegen aber traurig sein – die haben sich schon sehr auf den Besuch gefreut. Es ist gut, wenn das an manchen Schulen als Bereicherung wahrgenommen wird“, sagt Brita Tyedmers. In diesem Jahr haben alle Schulleitungen das Angebot angenommen. In der Schulleitersitzung der Region soll das Vorgehen nun evaluiert und weiterentwickelt werden.

Dieser Text ist der Broschüre "Leit-IDEEN. Impulse für Schulaufsicht und Schulleitung" zum Thema "Schülerzentrierte Führung" (Ausgabe 1/2019) entnommen.

  • Erscheinungsdatum: 05.05.2020

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