Die dreitägige Führungskräfteakademie findet einmal jährlich in Halberstadt statt und greift aktuelle gesellschaftliche und bildungspolitische Themen auf. Im Mittelpunkt steht dabei die Wirksamkeit des Leitungshandelns für die Qualitätsentwicklung von Lehr- und Lernprozessen. Prof. Dr. Jonas Flöter, nun an der Universität Leipzig tätig, war in den vergangenen Jahren verantwortlich für diese Qualifizierungsveranstaltung des Landesschulamtes Sachsen-Anhalt.

Wie entstand die Idee, eine Führungskräfteakademie für Schulleitungen und schulfachliche Referentinnen und Referenten ins Leben zu rufen? 

Jonas Flöter: Die Idee zu einer Führungskräfteakademie existierte schon vor dem Programm „LiGa – Lernen im Ganztag“. Sie entstand in einem ESF-geförderten Programm zur Führungskräfteentwicklung. Da war die Zusammenarbeit von Schulaufsicht und Schulleitung schon intendiert. Als wir dann im Herbst 2015 unsere Teilnahme am Programm LiGa planten, kamen zwei Fragen zusammen: Wie arbeiten wir mit der Führungskräfteakademie weiter und wie bereiten wir die Schulen auf die steigende Anzahl geflüchteter Kinder und Jugendlicher vor? Es gab bereits erste Kontakte auf dienstlicher Ebene nach Halberstadt – und der Zufall wollte es, dass dort auch die zentrale Aufnahmestelle angesiedelt ist. Obwohl damals die drängendste Thematik aufgegriffen wurde, blieb offen, wie die Führungskräfteakademie langfristig inhaltlich auszurichten sei. Hier bot das Programm LiGa eine ausgezeichnete Grundlage. 

Wie wurde das Angebot angenommen?

Jonas Flöter: Die Akademie etablierte sich sehr schnell mit etwa 100 Personen und war offen für alle Schulleitungen in Sachsen-Anhalt, nicht nur für LiGa-Schulen. Im Rahmen von LiGa entwickelte sich die Führungskräfteakademie zu einer Veranstaltung, auf der man sich nicht nur mit innovativen Ideen auseinandersetzen, sondern auch viele nette Kolleginnen und Kollegen treffen konnte. Man hat die Schulen dort so kennengelernt, wie man sie häufig nicht wahrnimmt: mit einer positiven Grundeinstellung trotz aller gravierender Probleme verschiedenster Art, mit denen wir alle es ja täglich zu tun haben.
Es trafen sich dort die engagierten Schulen sowie eine Gruppe, die prinzipiell aufgeschlossen war, und die das Konzept dann überzeugte. Dabei spielte die Einbindung der Führungskräfteakademie in das Programm LiGa natürlich eine herausragende Rolle. Selbstkritisch muss man anmerken, dass wir die Schulen, die eher nicht wollten, auch kaum erreichen konnten. Daher gab es kaum Spannungen zwischen Schulaufsicht und Schulleitungen. Es gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Schwierig war es eher in der Startphase des Programms LiGa, als eine der Teilnahmebedingungen war, dass Schulen sich gemeinsam mit ihrer Schulaufsicht bewerben sollten oder Schulaufsichten mit ihren Schulen. Das musste sich manchmal erst einspielen. 

Und was kam konkret bei den Führungsakademien heraus?

Jonas Flöter: Dort waren immer die „Willigen“, die ein Interesse daran hatten, enger, kooperativer und effizienter zusammenzuarbeiten. Und das war dann im Alltag spürbar. Es entstanden viele kleine Ideen für den Schulalltag, aber auch einige große Ideen. Zu den großen Ideen zählen zum Beispiel das ESF-Projekt „Steuerung von Prozessen digital vernetzten Lernens“, das aus der Führungskräfteakademie 2017 hervorging und die Initiative zur Weiterentwicklung des Landesmedienkonzeptes. Auch der Fachdialog „IT-Schulstrukturen gemeinsam entwickeln“ geht auf eine Initiative von Schulleitungen und Mitarbeitenden der Schulaufsicht zurück. Eine Vielzahl der dort entwickelten Papiere landete schließlich im Bildungsausschuss des Landtages.

Wie erfolgte die Themen- und Referentenauswahl für diese Akademien? 

Jonas Flöter: Das gestaltete sich nicht besonders schwierig. Wir habe uns mit der Themensetzung angelehnt an die Schwerpunkte des Programms „LiGa – Lernen im Ganztag“. Das waren dann nacheinander die Themen „Individualisierung des Lernens“, „Digital-vernetztes Lernen“ und „Veränderungsmanagement“.
Bei den Referierenden und Beispielen aus anderen Bundesländern haben wir uns hemmungslos bei den Veranstaltungen auf Bundesebene bedient. Das waren immer perfekte Inputs. Natürlich wurden auch die Wünsche unserer Teilnehmenden berücksichtigt, wenn es beispielsweise um ein spezielles Thema ging oder wenn eine Schulaufsicht in einem bestimmten Zeitfenster ein Treffen mit den eigenen Schulen wünschte. 

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, die Sie an andere weitergeben können: Was hat sich bewährt und was sollte vermieden werden? 

Jonas Flöter: Die Dos and Don'ts hängen ja immer zusammen. Ich möchte fünf Punkte unterstreichen:

  • „Immer das Ohr an den Schulleitungen“ ist eine Devise, die sich bewährt hat. Also bloß nicht vom grünen Tisch aus planen. Es macht sich bezahlt, wenn ein Programm eng mit dem System verknüpft ist und man sozusagen aus dem System heraus organisieren kann.
  • Es bietet sich an, thematische Schwerpunkte zu setzen, die einerseits so groß sind, dass sie aktuell bleiben und vieles subsummieren, aber andererseits eine innere Stringenz zeigen.
  • Freiwilligkeit ist das Gebot. Keine Verpflichtung.
  • Eine gute Mischung von Beispielen aus dem eigenen Land und aus anderen Ländern ist wichtig, um Akzeptanz und Innovation zu sichern. Bei alleinigen Beispielen aus der Ferne kann man leicht abwinken: „Was hat das mit mir zu tun?“ Aber wenn es eine Schule vor der eigenen Haustür schafft, unter minimalen Voraussetzungen zu Höchstleistungen zu kommen, dann überzeugt das schon.
  • Und schließlich: Es braucht eine gute Mischung von Theorie und Praxis. Das ist durchaus umstritten. Ich persönlich finde, man sollte unbedingt daran festhalten, theoriegeleitet zu handeln – auch wenn die Aufnahmebereitschaft manchmal begrenzt ist und man die Sprache der Wissenschaft teilweise übersetzen muss.
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