Nicht zuletzt trugen die PISA-Studien der OECD seit dem Jahr 2000 maßgeblich dazu bei, dass die Idee einer datengestützten Schul- und Unterrichtsentwicklung weiterverfolgt und verstärkt im Bildungssystem diskutiert wird.

Britta Klopsch vom Zentrum für Lehrerbildung beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sprach im Juni 2021 auf einem Netzwerktreffen von „LiGa – Lernen im Ganztag“ davon, dass Schulentwicklung ohne Daten heute nicht mehr denkbar sei. Aber wie können Daten gewinnbringend für Unterricht und Schulalltag genutzt werden? Der Schulentwicklungsforscher Hans-Günter Rolff bringt die Problematik kurz und knapp auf den Punkt: „Es werden Daten über Daten erhoben, aber wenig Hilfe zu ihrer Nutzung gegeben. ‚Data rich and knowledge poor‘, heißt es in den USA.“

Daten allein machen also noch keine Schulentwicklung. Vielmehr geht es darum, sich mit den erhobenen Daten auseinanderzusetzen, aus ihnen Informationen zu ziehen und anschließend in Wissen zu übertragen. Erst dann können Erkenntnisse für die Schul- und Unterrichtsentwicklung abgeleitet werden (vgl. Klopsch/Sliwka 2020, S. 65).

Auf einen Blick

  • Daten sind keine Kontrollinstrumente. Es geht nicht um die Beurteilung von Personen, sondern um die Qualität von Maßnahmen, Prozessen und Entwicklungen.
  • Daten ermöglichen einen Blick auf verschiedene Ebenen: die Schulebene, die Klassenebene und die Ebene der Schülerinnen und Schüler.
  • Daten können aus unterschiedlichen Quellen kommen, z. B. aus länderübergreifenden Studien, aber auch von Schülerinnen und Schülern und deren Eltern.
  • Daten helfen dabei, eine Bestandsaufnahme zu machen, den Ist-Stand zu reflektieren und einen Dialog sowie Verbesserungen anzustoßen.
  • Daten sollten nicht allein, sondern gemeinsam interpretiert werden, z.B. in Schulleitung, Professionellen Lerngemeinschaften, Schulaufsicht oder multiprofessionellen Teams.
  • Qualitätsentwicklung passiert nicht willkürlich oder zufällig, sondern systematisch. Sie wird von allen Beteiligten gemeinsam erarbeitet.

Ein umfangreicher Begriff: Daten

Entsprechend der Fachliteratur lassen sich Daten grob in zwei Kategorien einteilen:

 

In der Regel bietet es sich an, quantitative und qualitative Datenquellen miteinander zu kombinieren. So können Ausgangssituationen und Vorhaben aus mehreren Blickwinkeln betrachtet werden und ein aussagekräftigeres Bild entstehen.

Die Innensicht: Interne Evaluation

Interne Evaluationen bieten aus Sicht des Evaluationsexperten Wolfgang Beywl von der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz das größte Potenzial für die Schul- und Unterrichtsentwicklung (vgl. Beywl 2017, S. 7). Jede Schule kann intern Daten erheben und auswerten und damit selbst überprüfen, wo sie in ihrem Entwicklungsprozess steht.

Die Schulbehörden der Länder stellen dafür unter anderem analoge oder digitale Fragebögen zur Verfügung, die aus fertigen Bausteinen schulspezifisch und individuell zusammengestellt und durch eigene Fragen ergänzt werden können. Je nach Thema oder Projekt können damit schulintern Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, weiteres pädagogisches Personal, Schulleitung oder auch Eltern befragt werden.

Einen guten Überblick über den Stand der internen Evaluation in allen Bundesländern gibt eine Übersicht von der Arbeitsgruppe Schulen in der Gesellschaft für Evaluation (DeGEval). Darin sind auch die zuständigen Institutionen und Unterstützungsangebote der Länder aufgeführt, unter anderem die Selbstevaluationsportale. https://www.degeval.org/fileadmin/users/Arbeitskreise/AK_Schulen/DeGeval-Synopse_Evaluation_2021-12.pdf

Der Blick von außen: Externe Evaluation

Um einen systematischen Blick von außen auf die Qualität einer Einzelschule zu gewinnen, gibt es das Konzept der externen Evaluation. Es ist in vielen Schulgesetzen vorgeschrieben. Die Bezeichnungen sind von Land zu Land unterschiedlich: Neben externer Evaluation werden auch Begriffe wie Schulinspektion, Schulvisitation, Fremdevaluation, Fokusevaluation oder Qualitätsanalyse verwendet.

Ein wesentliches Ziel der externen Evaluation ist, Impulse für die Qualitätsentwicklung der Schule zu geben. Für viele Schulen ist dies ein sensibles Thema, denn die externe Evaluation wird häufig als Kontrolle und Bedrohung empfunden und ist verbunden mit Unsicherheit, Ängsten und Vorbehalten. Im Vergleich dazu wird die interne Evaluation meist deutlich stärker akzeptiert. Daher ist es sinnvoll, dass die externe Evaluation an eine interne
Evaluation anschließt – und beide idealerweise miteinander verzahnt sind (Kuhn 2019, S.19).

Die Daten und Ergebnisse dienen in vielen Bundesländern als Grundlage für Gespräche und Zielvereinbarungen mit den jeweiligen Schulaufsichten. Ob externe oder interne Evaluation: Die Schulaufsicht kann zur Akzeptanz beitragen, indem sie den Prozess unterstützt, transparent kommuniziert, Erfahrungen aus anderen Schulen einbringt und eine Evaluationskultur fördert.

Der Weg zum Ziel: Eine Evaluationskultur schaffen

Damit datengestützte Schulentwicklung gelingen kann, braucht es an Schulen eine Kultur, die den sorgsamen Umgang mit Daten und das gemeinsame Analysieren von Daten ermöglicht und fördert. In einer Atmosphäre des Vertrauens und der Sicherheit sind Lehrkräfte bereit, sich gegenseitig Feedback zu geben und auch Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern sowie Eltern einzuholen (vgl. Dammann 2011, S. 52). Dafür müssen schulische Ressourcen eingeplant und die Evaluationskompetenzen der Lehrkräfte gestärkt werden. Schulaufsicht und Schulleitung können maßgeblich dazu beitragen, eine solche Evaluations- und Feedbackkultur aufzubauen – durch ihre Haltung und das Schaffen guter Rahmenbedingungen.

Dabei geht es auch darum, sich mit Evaluationsinstrumenten vertraut zu machen und Vorbehalte abzubauen. Die Beteiligten müssen erleben, dass es keineswegs um die Bewertung von Personen geht, sondern um Qualitätsentwicklung. Die Schulgemeinschaft sollte sich in den Prozess eingebunden fühlen und sehen, dass Evaluation nicht zu einem abstrakten Berg an Daten führt, sondern zu nützlichen, konkreten Verbesserungen. Dann ist die datengestützte Schulentwicklung gelungen!

Dieser Text ist in der Ausgabe 1/2022 „Datengestützte Schulentwicklung“ der Publikation „Leit-IDEEN – Impulse für Schulaufsicht und Schulleitung“ erschienen. In der Broschüre finden Sie auf Seite 14 eine Literaturliste.

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