Ziele und Inhalte des Schulvertrags

Die Einführung des Schulvertrags soll zum Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern beitragen. Schulleitungen entwickeln mit dem Schulteam passgenaue Ziele auf Grundlage des Schulprogramms. Diese Entwicklungsziele werden mit der Schulaufsicht abgestimmt und in einem Vertrag festgehalten. 

Die Schulleitung bearbeitet den Vertrag online. Er enthält Angaben zu:

  • Entwicklungsvorhaben
  • Jahreszielen
  • Maßnahmen
  • Unterstützung durch die Schulaufsicht

Jährliche Gespräche zwischen Schulleitung und Schulaufsicht dienen der Auswertung und dem Abschluss eines neuen Vertrags. „Bisher läuft die Arbeit mit dem Schulvertrag gut. Es ist ein Lernprozess für alle Beteiligten“, sagt Brita Tyedmers, Oberschulrätin in Berlin-Reinickendorf. „Wenn die Indikatoren gut formuliert sind, kann gut abgeglichen werden, ob Ziele erreicht sind oder nicht.“ Besonders hilfreich sei der neu strukturierte Prozess für Schulen mit großem Entwicklungsbedarf.

Schritt für Schritt: Der idealtypische Ablauf

1. Analyse

Daten der Schule stehen Schulaufsicht und Schulleitung online bereit und dienen zusammen mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen der Analyse des Ist-Stands: Wo liegen die Herausforderungen? Welche Daten wollen sie berücksichtigen? Aus welchen Daten lassen sich Entwicklungsvorhaben und Jahresziele ableiten?

2. Zielformulierung durch die Schulleitung

Auf Grundlage der Datenanalyse berät die Schulleitung mit den schulischen Gremien, in welche Richtung das Entwicklungsvorhaben und die daraus abgeleiteten Jahresziele gehen sollen. Die Ziele sollten zwei verschiedenen Entwicklungsbereichen zugeordnet werden. Das können zum Beispiel Verbesserung der Unterrichtsqualität, Sprachförderung, digitale Bildung oder Ganztagsgestaltung sein. Für den Schulvertrag sollen mindestens zwei und maximal drei Ziele festgelegt werden. Anschließend werden die Ziele mit Maßnahmen hinterlegt und mit Ressourcen abgeglichen. 

3. Unterstützungsbedarfe formulieren

Die Schulleitung gibt an, welche Unterstützung sie bei der Umsetzung der Maßnahmen durch die Schulaufsicht benötigt. Das können Angebote zu Fortbildungen, Reflexionsgespräche oder konkrete Mitarbeit sein. Die Angebote müssen nicht immer durch die regionale Schulaufsicht erfolgen – es kann und soll eine Weitervermittlung in andere Bereiche und zu anderen Stellen und Institutionen stattfinden.

4. Gespräch mit Schulaufsicht

Nachdem der Vertragsentwurf an die Schulaufsicht gegangen ist, wird ein Termin für ein Gespräch vereinbart. Das erste Gespräch zum Schulvertag beginnt mit einem gemeinsamen Blick auf die Daten, Ziele und Maßnahmen. Anschließend stellt die Schulleitung die Jahresziele und Maßnahmen vor. Es folgt die Rückmeldung der Schulaufsicht und gegebenenfalls werden Details ergänzt oder angepasst. Abschließend findet ein Austausch über die gewünschte Unterstützung durch die Schulaufsicht statt. 

Zukünftige Jahresgespräche starten mit einem Rückblick auf den zuletzt geschlossenen Schulvertrag. Reflektiert wird vor allem die Umsetzung und der Erfolg der Maßnahmen sowie der Prozess und die Unterstützungsmaßnahmen. Ein Jahresziel gilt als erreicht, wenn mindestens zwei Drittel der Maßnahmen dazu erfolgreich umgesetzt wurden. Das Bilanzgespräch und die aktuellen schulischen Daten sind Grundlage für einen neuen Schulvertrag. Dieser kann die Fortschreibung der letzten Jahresziele mit weiteren Maßnahmen oder ein ganz neues Vorhaben beinhalten. 

Datengrundlage: Das Berliner Indikatorenmodell

Der Zielentwicklung liegen eine Reihe von Daten zugrunde:

  • das Berliner Indikatorenmodell
  • Kontextmerkmale der Schule
  • der letzte Inspektionsbericht
  • Prüfungsergebnisse der Sekundarstufe I und vom Abitur
  • optional: eigene Erhebungen der Schule, besondere Rahmenbedingungen
  • zur Verfügung stehende Ressourcen

Das Berliner Indikatorenmodell enthält hochverdichtete Daten aus der Berliner Bildungsstatistik für die Einzelschule auf einen Blick. Es dient der datenbasierten Gesprächsführung zwischen Schulleitung und Schulaufsicht. 

Die Daten sind nicht öffentlich: Nur Daten der eigenen Schule bzw. der Schulen im Zuständigkeitsbereich stehen Schulaufsicht und Schulleitung zur Verfügung. Das Indikatorenmodell enthält mindestens sechs schulartspezifische Indikatoren, die für die Schulentwicklung als relevant und verbindlich gelten und in deren Bereich Eigenverantwortliche Schulen Entscheidungskompetenzen haben. Für die Integrierten Sekundarschulen (ISS) sind das zum Beispiel:

  • Abgänger ohne Abschluss
  • Erstwunschanmeldungen 
  • unentschuldigte Fehltage
  • Förderprognosen
  • Vertretungsleistungen
  • Anzahl der lehrmittelbefreiten Schülerinnen und Schüler

Die Schule selbst kann weitere Indikatoren aus einer Liste auswählen, die in den Schulentwicklungsprozess einbezogen werden sollen.

Vorteile des neuen Verfahrens

Eine Besonderheit des neuen Verfahrens ist, dass alle Daten zur spezifischen Lage der Einzelschule gebündelt zur Verfügung stehen. Vorher mussten die Daten selbst zusammengestellt werden. Vorteilhaft ist außerdem, dass die Daten im Verlauf über die Jahre abgebildet werden und damit sowohl positive Entwicklungen als auch Herausforderungen sichtbar werden. „Das ist genau, worum es geht“, so Oberschulrätin Brita Tyedmers. „Habe ich es mit einer einmaligen Sache zu tun oder mit einem Prozess, ist es besser geworden oder schlechter?“ Balken mit negativen und positiven Datenverläufen bieten einen direkten Blick auf mögliche Baustellen. Die datenbasierte Arbeit ermöglicht zudem faire Vergleiche. Innerhalb derselben Schulart kann sich jede Schule zum Beispiel mit der eigenen Region, mit ganz Berlin oder mit dem kleinsten und größten Berliner Wert vergleichen.

Die Ziele der Schule sind Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen. Das ermöglicht auch einen zielgerichteten Einsatz der Ressourcen. Im Gespräch mit der Schulaufsicht können individuelle Lösungen gefunden werden. Zum Beispiel die Umwandlung der für das Entwicklungsziel im Bereich der digitalen Bildung nötigen Funktionsstelle.

Herausforderungen und Tipps aus der Praxis einer Schulrätin

Brita Tyedmers gibt einen Einblick in ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Schulvertrag:

  • Um den Prozess von Beginn an gemeinsam zu gestalten, ist es sinnvoll, sich in einer Dienstberatung über den Ablauf zu verständigen. Die Gespräche im Rahmen des Schulvertrags sollten als Beratungsgespräche gesehen werden. Hierfür sollte man ausreichend Zeit einplanen. 
  • Jede Schule ist auf einem anderen Ist-Stand. An manchen Schulen gibt es so viele verschiedene Baustellen, dass es schwierig wird, Prioritäten zu setzen. Diese Schulen setzen oft zu viele Ziele gleichzeitig. Aber auch sehr kleinschrittige Ziele sind nicht entwicklungsfördernd. Hier ist es die Beratungsaufgabe der Schulaufsicht, gemeinsam mit der Schulleitung Schwerpunkte zu setzen: Was ist aktuell das Wichtigste – auch mit Blick auf die Daten.
  • Der Blick auf die schulischen Daten, vor allem auf negative Entwicklungen, sollte in erster Linie forschend sein – nach den Ursachen und Lösungsansätzen.
  • Um Widerstand im Kollegium bei der Umsetzung der Maßnahmen vorzubeugen, sollen möglichst viele Beteiligte im Vorfeld beim Entwickeln der Ziele teilhaben, zum Beispiel in den verschiedenen Teams und Gremien. Personen, die aktiv zur Umsetzung einzelner Maßnahmen beitragen sollen, könnten in einem zusätzlichen Gespräch vor Abschluss des Vertrages mit der Schulaufsicht involviert sein. 
  • Teilweise fällt es Schulleitungen nicht leicht, SMARTe Ziele zu formulieren oder Unterstützungswünsche an die Schulaufsicht zu formulieren. Diese können in Gesprächen und durch näheres Kennenlernen gemeinsam entwickelt werden.
  • Die Einführung des Schulvertrags wird von manchen Schulen als zusätzliche Aufgabe, Belastung und auch Kontrolle gesehen. Hier kann die Schulaufsicht die Vorteile deutlich machen und Unterstützung anbieten.
  • Für einen praxisnahen Einblick gestalten Schulleitung und Schulaufsicht einen gemeinsamen Tag an der Schule zu einem Thema des Schulvertrags. Beratung zu Unterrichtsentwicklung zum Beispiel macht Sinn, wenn die Schulaufsicht sich ein Bild davon machen kann. Aber auch räumliche Gegebenheiten oder andere Themen können vor Ort besser dargestellt werden.
  • Bei den umfangreichen Angeboten der Schulaufsicht im Schulentwicklungsprozess sollte die Eigenverantwortlichkeit der Schulen gewahrt bleiben. Es sollte ein Dialog bleiben, in dem die Ziele der Schule im Mittelpunkt stehen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Vertrauen in die Schulaufsicht steigt, wenn sie in dem Prozess als hilfreich wahrgenommen wird. Die Arbeit mit dem Schulvertrag stärkt den Beratungsaspekt der Schulaufsicht und damit die Zusammenarbeit von Schulleitung und Schulaufsicht.

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