1. Individuelle Förderung und vielfältige Lebenslagen

Die Lebenslagen junger Menschen und das Wirkumfeld pädagogischer Fachkräfte sind vielfältig und komplex. Es gibt keine Formate, Handlungsansätze oder digitalen Lösungen, die auf alle Zielgruppen passen. Digitale Bildung muss daher vielfältige Lebenslagen und die daraus resultierenden individuellen Nutzungsmöglichkeiten, Potenziale und Risiken respektieren. Dabei liegt nicht nur die technische Realisierbarkeit im Fokus, sondern auch die Frage, wie digitale Lösungen diskriminierungsfrei implementiert und kulturelle Perspektiven berücksichtigt werden können.

2. Digitale Bildung als ein Element zeitgemäßer Bildung

Die Einführung digitaler Hard- und Software im Bildungswesen ist kein Selbstzweck, sondern dient der Erreichung bestimmter pädagogischer Ziele. Zur Operationalisierung dieser Ziele empfiehlt sich die Arbeit mit Konzepten, die sich als produktiv für das Lernen in einer digitalisierten Welt erwiesen haben. Hierbei kann zwischen der Meta-Ebene gesamtgesellschaftlicher Kompetenzanforderungen (wie den KMK-Kompetenzen für eine Bildung in der digitalen Welt) und Bildungsansätzen für die pädagogische Praxis (wie dem Dagstuhl-Dreieck und den Sinus 6c) unterschieden werden. Digitale Bildung lässt sich dann nachhaltig erfolgreich umsetzen, wenn dabei eine Brücke zwischen aktueller Wissenschaft, Praxis und Steuerungsebene geschlagen wird. Dazu gehört auch, bestehende Konzepte und Fachdiskurse zu überdenken, abzulehnen oder zu überarbeiten.

3. Digitale Bildung durch Moderation und Austausch begleiten

Digitalisierung sorgt auf allen Ebenen des Bildungssystems für systemische Verschiebungen und Herausforderungen. Daher ist es wichtig, die Kommunikation zwischen allen Beteiligten – Leitungskräften, Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern – so zu moderieren, dass sich die Gewohnheiten verändern, wie auf Bildung geblickt, Kooperation gelebt und Wissen produziert wird. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind dabei als Expertinnen und Experten für ihre Anliegen wahrzunehmen und als wichtige Akteure im Feld zu berücksichtigen. Die systematisierte Einbeziehung wesentlicher Aspekte von Kind- und Jugendorientierung spielt daher gerade in der digitalen Bildung eine wichtige Rolle. Eine Basis, um Veränderung durch Digitalisierung demokratisch zu gestalten, sind Austauschformate, in denen Lösungsansätze co-kreativ entwickelt werden, sodass sie auf die Bedarfe vielfältiger (digitaler) Lebenslagen passen.

4. Digitale Angebote modular, erweiterbar und online planen

Am Anfang eines Angebots digitaler Bildung steht auch die Frage nach der Verfügbarkeit und dem Umfang digitaler Tools. Denn Bildung in einer digitalisierten Welt findet an zahlreichen Orten und in verschiedenen Formen statt. Um unterschiedliche Gruppen bedarfsorientiert zu erreichen, braucht es verschiedene Formate und Inhalte, die zeitgemäßes Lernen ermöglichen. Hierfür ist es sinnvoll, Angebote zu nutzen, die nicht nur einfach online zugänglich sind, sondern auch modular gestaltet werden können. Solche flexibel nutzbaren digitalen Angebote lassen sich stetig erweitern, entfernen, überarbeiten sowie übertragen und können so ein effektives Instrument sein, um durch Skalierung mehr Menschen passgenau zu erreichen. Zudem ist die Nutzung von Online-Bildungsangeboten gut messbar. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist es wichtig, dass webbasierte Bildungsangebote nicht nur leicht zugänglich, sondern auch langfristig frei nutzbar sind und bleiben. Dafür bietet sich insbesondere die Kooperation mit etablierten offenen Lernplattformen an. Bei Bedarf können jedoch auch eigene Lösungen auf Basis offener Technologien und Lizenzen entwickelt werden.

5. Verantwortungsbewusster Umgang mit Medien

Das Internet wird von den Nutzenden gestaltet. Es lebt von den vielen Menschen, die jeden Tag ihren Beitrag leisten. Damit Schülerinnen und Schüler das Netz, und somit Gesellschaft selbst, als gestaltbar erleben und darin sicher sind, ist es von zentraler Bedeutung, digitale Bildungsräume als Orte der Vernetzung, der freien Gestaltung und des Schutzes zu planen und zentrale Medienkompetenzen zu vermitteln. Der verantwortungsvolle Umgang mit Daten und der Schutz persönlicher Daten, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Kompetenz, sicher mit Falschinformationen umgehen zu können, sind grundlegende Bestandteile digitalisierter Bildung. Es heißt aber auch, Angebote digitaler Bildung auf eben diese Elemente hin zu thematisieren und zu diskutieren. Das Gleiche gilt für ethische und sozial-ökologische Fragestellungen im Zuge der Förderung diskriminierungsfreier Medien. Dies reicht von leichter Sprache über barrierefreie Online-Angebote, Screenreader-konforme Darstellungen, moderierte Online-Räume bis hin zur diskriminierungssensiblen Ansprache und zum entsprechenden Umgang mit den beteiligten Zielgruppen. Zudem müssen Zugänge für Gruppen in benachteiligenden Lebenslagen ohne eigene digitale Infrastruktur sichergestellt werden.

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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Orientierungspapier Qualitätsmerkmale digitaler Bildung, das die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung auf Basis ihrer langjährigen Erfahrung bei der Förderung digitaler Bildung entwickelt hat. Darin finden Sie neben detaillierten Erläuterungen der fünf Qualitätsbereiche je fünf Arbeitsfragen, die Sie zur Reflexion der Umsetzung digitaler Bildungsangebote nutzen können.

  • Erscheinungsdatum: 30.11.2020
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