Die Schulaufsicht ist ein selbstverständlicher Teil unseres Bildungssystems und gleichzeitig ein noch zu wenig beachteter Akteur, wenn es darum geht, Schulen bei ihrer Qualitätsentwicklung zu unterstützen und damit Bildungsgerechtigkeit zu fördern. 

Schulaufsicht kann hierbei eine wichtige Rolle einnehmen. Denn die Qualität von Schule und Ganztag in der Breite zu entwickeln und im staatlichen Schulsystem umzusetzen, gelingt vor allem dann, wenn Schulaufsicht als Bindeglied zwischen den zuständigen Ministerien und Schulen beteiligt ist. 

Empfehlungen des LiGa-Expert:innenrats

Damit Schulaufsicht in ihrer Beratungsarbeit professionell handeln kann, bedarf es verlässlicher und klar definierter Strukturen, Prozesse und Konzepte in den Schulbehörden. Klare und transparente Rahmenbedingungen sind besonders für Beratungsprozesse wichtig, da Beratungsarbeit durch ein hohes Maß an Ergebnisoffenheit geprägt ist. 

Der LiGa-Expert:innenrat hat dazu folgende wissenschaftlich fundierten Empfehlungen formuliert: 
 

1. Handlungsansatz der Schulaufsicht beschreiben

Ein differenziertes Bild der Beratungsarbeit von Schulaufsicht ermöglicht eine klare Kommunikation mit Schulleitungen und weiteren Akteur:innen.

Schulbehörden können zentrale fachliche Konzepte für die Beratungsarbeit des Schulaufsichtspersonals auswählen und Angebote zur Auseinandersetzung mit diesen vorhalten. Dazu gehört ein differenziertes Verständnis von Aufsicht, Beratung, Unterstützung und Schulentwicklung. Der gesetzliche Beratungs- und Unterstützungsauftrag ist mit Blick auf Kernaufgaben und Qualitätsmerkmale kaum operationalisiert (Porsch et al., 2022). Er lässt sich daher nur schwer im Sinne eines konkreten Angebots an Schulleitungen kommunizieren. Auch das Verhältnis zu anderen Unterstützungsinstanzen wie Schulträger, Jugendhilfe und Schulentwickler:innen bleibt dadurch sehr vage. Ein erster Schritt der Professionalisierung besteht also darin, den spezifischen Handlungsansatz der Schulaufsicht im Feld der beratenden und unterstützenden Akteur:innen zu beschreiben.
 

2. Rahmenbedingungen und Instrumente für Beratung zur Verfügung stellen

Diese Klärung von Beratungskonzepten sollte von der Einrichtung beratungsbezogener Strukturen in den Schulbehörden begleitet werden.

Struktur- und Prozessqualität für Beratung zeichnet sich u. a. durch ein Fort- und Weiterbildungs-management, ein Supervisionsangebot, eine Konfliktanlaufstelle, Möglichkeiten zur kollegialen Beratung und ein internes Qualitäts- und Wissensmanagement für diese Angebote wie auch für die Beratungsarbeit selbst aus. Dazu können standardisierte Beratungsinstrumente wie Gesprächsleitfäden, Dokumentationsvorlagen, Netzwerkkarten und Checklisten gehören, aber auch öffentliches Informationsmaterial zum Beratungsangebot (z. B. Ansprechbarkeit, Abläufe, Voraussetzungen). Ein geteiltes Verständnis der Beratung und feste Berufsstandards erleichtern das Erwartungsmanagement und befördern die Zusammenarbeit von Schulaufsicht und Schulleitungen.
 

3. Angebote zur Professionalisierung der Schulaufsicht schaffen

Wirksame Beratung kann im komplexen Feld der Qualitätssicherung von Schule nur durch hervorragend qualifizierte Schulaufsichten durchgeführt werden.

Entsprechend nimmt die Implementierung von Maßnahmen zur Personalgewinnung und Kompetenz-entwicklung einen hohen Stellenwert ein. Das akademische Ausbildungsangebot mit Fokus auf Schul-aufsicht als Beruf ist momentan noch sehr schwach ausgeprägt, so dass aktuelle Bedarfe identifiziert und darauf abgestimmte Formate implementiert werden sollten. Sowohl kurzfristige Maßnahmen wie Netzwerktreffen, Reflexionszeiten und Workshops, aber auch mittel- und langfristige Maßnahmen wie Coaching, Mentoring, Job-Shadowing und Schulentwicklungsnetzwerke können eine Basis für die Vermittlung von Expertise und Handlungswissen bilden. Da die Bundesländer mit jeweils eigenen bildungspolitischen Rahmenbedingungen agieren, wäre die Einrichtung von Fortbildungsakademien mit einem modulartigen Angebot und länderübergreifend gültigen Zertifikaten ein erstrebenswerter Qualitätsbaustein für die Schulämter.

4. Referenzrahmen und Kompetenzstandards für Beratungsqualität entwickeln

Die Kenntnis von Qualitäts- und Erfolgskriterien von Beratung ist Voraussetzung für eine gelungene Planung von Fort- und Weiterbildung.

Hier gilt es, wiederkehrende und typische Anforderungssituationen zu identifizieren und Wege zu deren Bewältigung aufzuzeigen. Datengestützte Begleitung von Schulentwicklung, Krisenintervention, Empowerment – Schulaufsichten setzen vielfältige Beratungs- und Unterstützungsprozesse um. Dabei kommen Reflexions- und Kommunikationskompetenzen zum Tragen, aber auch Ambiguitätstoleranz im Umgang mit den verschiedenen Zweck-rationalitäten von Schule und Behörde, kognitive Flexibilität zum Umgang mit wechselnden Rahmenbedingungen und Vorgaben der Bildungspolitik, Empathie zum kontextuellen Verstehen der Handlungszwänge und -wünsche von Schulleitungen sowie Entscheidungsfähigkeit, um Schulen in einer rechtssicheren Gestaltung von Bildung zu bestärken. Eine zentrale Aufgabe von Schulbehörden und Schulaufsichtsverbänden zur Beförderung professionellen Schulaufsichtshandelns liegt in der Erarbeitung beratungsbezogener Kompetenzstandards und eines Referenz-rahmens für Beratungsqualität. Als Startpunkt dieser Entwicklung sind sowohl wissenschaftliche Stu-dien als auch länderübergreifende Austausch- und Beteiligungsveranstaltungen geeignet.
 

Das Empfehlungspapier als PDF 

Das Empfehlungspapier „Beratende Schulaufsicht im Fokus“ des LiGa-Expert:innenrats kann über diesen Link als PDF heruntergeladen werden. 
 

Über den LiGa-Expert:innenrat

Der Expert:innenrat des Programms „LiGa – Lernen im Ganztag“ setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Verwaltung und Schulpraxis zusammen. Jedes LiGa-Land hat eigene Expert:innen benannt. Weitere Informationen rund um die Arbeit des Expert:innenrats finden Sie unter: https://lernen-im-ganztag.de/programm/expertinnenrat/

  • Erscheinungsdatum: 11.03.2024
  • LiGa
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