In der ersten Programmphase von „LiGa – Lernen im Ganztag“ (2016 bis 2019) konnten sich die beteiligten Schulrätinnen und Schulräte im Rahmen einer Akademie regelmäßig weiterbilden. Die Akademie umfasste gemeinsame Hospitationsreisen, Trainings und kollegiale Reflexion, Klausuren sowie fachlichen Input, der mit Arbeitsphasen verbunden wurde. Der Fokus lag dabei auf dem Ganztagsbereich. Bei der Konzeption setzte die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) auf Bedarfsorientierung.

Zueinander und zu den Themen finden

Rollen- und Selbstverständnis von Schulaufsicht, Prozesssteuerung und Vermittlung von Prozesswissen, Beratungs- und Methodenkompetenz sowie Vertiefung ganztagsschulspezifischer Themen. Das alles waren Leitthemen des Programms – aber was hieß das nun konkret? Zu Beginn der Akademie wurden die anwesenden Schulrätinnen und Schulräte aufgefordert, sich mit folgenden Fragen zu befassen: 

  • Wie erleben wir unseren Berufsalltag? 
  • Arbeiten wir so, wie es unseren eigenen und den gesetzlichen Ansprüchen entspricht? 
  • Gibt es etwas, das angesichts des Zeitdrucks regelmäßig herunterfällt? 
  • Womit sind wir unzufrieden und was sollte anders sein? 
  • Und was unterstützt uns in diesem Wandlungsprozess?

Anfangs war es für die beteiligten Schulrätinnen und Schulräte sehr ungewohnt, sich in kollegialer Runde mit externer Moderation, kreativ und mit neuen Moderationsmethoden einander zu nähern und selbst das Programm für die kommenden Jahre zu setzen. Doch schnell wurde klar, dass die Zusammenarbeit und der kollegiale Fachaustausch in einem eigenen Format, sogar im geschützten Raum, produktiv werden könnte.

Sie identifizierten drei Felder, auf denen der Fokus der Akademie gerichtet sein sollte:

  1. Kompetenzen in der Beratungsarbeit zu stärken
  2. Arbeitsprozesse konkret zu reflektieren und dabei von anderen zu profitieren
  3. Beratung und Supervision, um den Alltag tatsächlich zu verändern

Passend dazu sollten innerhalb der Akademie Arbeitsformate gefunden werden, die sich jeweils an den Bedarfen der Teilnehmenden orientieren.

Strang 1: Beratungskompetenzen stärken

Wie kann es gelingen, in dem komplexen Mehrebenensystem Schule – an der Schnittstelle von Land, Schule und Kommunen – Interessenkonflikte so zu bearbeiten, dass für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation entsteht? Zumindest annähernd? Wie können die Schulrätinnen und Schulräte unter den Bedingungen der Hierarchie und als Dienstvorgesetzte angesichts der zunehmenden Eigenverantwortung von Schulen die Komponente der Beratung gegenüber den Schulleitungen stark machen? Das sind nur wenige der vielen Fragen, die einen systemischen Blick sinnvoll machen. 

Ansatz: Systemische Beratung kennenlernen 

In mehreren Tagesmodulen nahmen die teilnehmenden Schulrätinnen und Schulräte unter Anleitung eines externen Fortbildners ihr Rollenverständnis und Menschenbild unter die Lupe. Sie lernten Techniken der Gesprächsführung, Konfliktbearbeitung und des Change Managements kennen. Einiges war den Teilnehmenden nicht neu, doch der Kontext und die gemeinsame Bearbeitung dieser Themen im kollegialen Kreis stellte nochmal eine neue Qualität und Relevanz her. Ihr professionelles Selbstverständnis und die Haltung konnten gestärkt werden. Das schuf mehr Sicherheit und Gelassenheit für konfliktträchtige Konstellationen und Situationen.

Strang 2: Den Berufsalltag effizient gestalten 

Im zweiten Strang ging es um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Arbeitsalltag. Die Teilnehmenden benannten zehn zentrale Themen, insbesondere aus der Zusammenarbeit mit Schulleitungen:

  • Schulbesuche
  • Schulleiterdienstversammlungen leiten
  • Probezeitbegleitung von Schulleitungen
  • Austausch von Schulen und Vernetzungsformate (initiiert/gesteuert von Schulaufsicht)
  • Rolle als Vorgesetzte oder Vorgesetzter
  • Personalentwicklung
  • Beratungsgespräche mit Schulleitung und Schulteams
  • Welche Rolle spielt Ganztagsschule in der Arbeit von Schulaufsicht? Welche Rolle spielt Schulaufsicht bei der Ganztagsschulentwicklung?
  • Fortbildungen und Fachtage
  • Zielvereinbarungen

Ansatz: Arbeitsprozesse reflektieren und voneinander lernen

Die zehn Themen sollten nach und nach in eintägigen Workshops bearbeitet werden, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Unter Moderation der DKJS ging es darum, sich in die Töpfe schauen zu lassen. Neun Schulrätinnen und Schulräte erzählten von ihrem konkreten Tun und reflektierten ihre Arbeitsprozesse. Den ersten Schritt bildete jeweils der Abgleich der Praxis. Die Teilnehmenden waren jedes Mal selbst überrascht, wie unterschiedlich die Praxis in den Kreisen und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins aussieht. Dem folgten dann „Dos and Don’ts“ und schließlich gemeinsame Empfehlungen, die zum Teil auch veröffentlicht wurden. Entstanden sind drei Empfehlungspapiere zu Schulbesuchen, Schulleiterdienstversammlungen und zur Probezeitbegleitung. 

Gelingensbedingung: vertrauensvolles kollegiales Miteinander 

Den dritten Stang bildete das systemische Gruppencoaching, auf das hier nicht näher eingegangen werden soll.

Beim Gesamtblick auf die Akademie ist festzustellen, dass eine sehr dichte und vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre entstanden ist, die tatsächlich zu konkreten Produkten führte. Es stellt sich die Frage, wie diese zustande kam. Denn das ist keineswegs ein Selbstläufer!

Aus Sicht der DKJS trugen vor allem diese fünf Faktoren dazu bei, dass die Mitarbeitenden der Schulaufsicht in dieser offenen und sehr produktiven Weise miteinander arbeiteten:

  • externe Moderation
  • besondere Räume
  • informelle Begegnungen
  • gemeinsame Exkursionen mit Übernachtungen
  • erkennbarer Mehrwert für die eigene Praxis

„Man macht vielleicht instinktiv immer viel richtig – der eine mehr, der andere weniger. Aber es ist jetzt für mich ganz anders, nachdem ich die Systemische Beratung so intensiv erlebt habe, mir klarzumachen: In welcher Rolle sitze ich hier gerade? Was ist mein Auftrag und wann verlasse ich den? Und das auch nach außen deutlich zu machen. Es fängt an, dass es mir bewusst ist und auch meinem Gegenüber: Sitze ich jetzt hier als dein Berater oder als Aufsichtsbeamter? Diese Rollenklarheit ist eine riesige Erkenntnis und Weiterentwicklung gewesen.“

Katrin Thomas, Schulrätin aus Schleswig-Holstein, Teilnehmende der Akademie  © DKJS/ Jörg Farys
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