„Das Wohlergehen und Lernen meiner Schülerinnen und Schüler gibt mir Energie“, sagt Marianne Stenberg, Schulleiterin der Majorstuen Schule Oslo. Die Schule stand vor zehn Jahren vor dem Aus – und kann sich heute vor Anmeldungen nicht mehr retten. Im Rahmen des Programms „LiGa – Lernen im Ganztag“ führte eine gemeinsame Exkursion von Schulaufsicht und Schulleitungen aus Schleswig-Holstein im Mai 2018 an diese Schule. Und wenig später hielt die charismatische Schulleiterin auf einem LiGa-Fachtag in Berlin eine Keynote zum Thema „The Dimensions of Student-Centered Leadership“. Denn dieser Ansatz ist ihr Erfolgsrezept.
„Nicht ablenken lassen!“
„Allzu oft werden Schulleitungen abgelenkt“, sagt Stenberg. „Das Wichtigste ist der Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler. Darauf sollte sich Schulleitung konzentrieren. Sprechen Sie mit Ihren Lehrkräften und arbeiten Sie mit ihnen. Versuchen Sie, den Lernerfolg auszuweiten.“ Das heißt auch, andere Aufgaben wie Infrastruktur oder Elternarbeit zu delegieren. Dabei bezieht sie sich auf John Hatties Liste von „Ablenkungen“ („Politics of Distraction“), die Schulleitungen vermeiden sollten, und auf den „Student-Centered Leadership“-Ansatz der neuseeländischen Wissenschaftlerin Viviane Robinson.
Jede Schulleitung sollte sich die Frage stellen, was hochwertigen Unterricht an ihrer Schule ausmacht. Für ihre praktische Arbeit macht Marianne Stenberg sich nicht nur Viviane Robinsons Ansatz zunutze, sondern auch viele weitere wissenschaftliche Modelle und Ergebnisse. Dazu zählen beispielsweise die Zehn Merkmale guten Unterrichts der Universität Oldenburg.
„Liebe deine Mitarbeiter!“
Regelmäßige Unterrichtshospitationen in kleinen Teams und Feedbackinstrumente sind aus Sicht der Schulleiterin zentral, um die pädagogische Praxis zu überprüfen. Sie helfen auch, das Risiko eines persönlichen Scheiterns der Lehrkräfte zu reduzieren. „Ich mache es wie Sokrates und hinterfrage alles“, sagt Stenberg. „Wie können wir uns gemeinsam verbessern?“ Sie fordert die Lehrkräfte heraus – und befolgt gleichzeitig eines von Michael Fullans Six secrets of change. Dieses Geheimnis lautet: Liebe deine Mitarbeiter. „Ich arbeite wirklich sehr gerne mit meinen Lehrerinnen und Lehrern – und das spüren sie.“
LernDuos und Learning Meetings
Alle Lehrkräfte haben jeweils eine eigene Lernpartnerin oder einen Lernpartner. Sie arbeiten für ein Jahr in einem „LernDuo“ zusammen und hospitieren vier- bis sechsmal im Jahr gegenseitig im Unterricht. Sie geben sich Rückmeldung anhand eines Feedbackbogens zu einem vorher formulierten Lernziel, das zum jährlichen Entwicklungsschwerpunkt der Schule passt.
Jede Lehrkraft ist sowohl Teil eines jahrgangspezifischen als auch fachspezifischen Teams. Zusätzlich zu den üblichen Gremien tauschen sich sechs bis acht Lehrkräfte viermal im Jahr zu ihren Erfahrungen im Bereich der gesamtschulischen Verbesserung aus. Eine gute Analyse setzt voraus, dass alle in der Lage sind, sich an der Diskussion zu beteiligen. Dazu dienen sogenannte „Learning Meetings“ (Lerntreffen). Jedes Treffen hat ein Ziel und eine Leitung. Alle kommen vorbereitet, nehmen aktiv teil, und die Themen haben einen direkten Bezug zur Praxis.
„Erstens: Wir müssen in der Lage sein, pädagogisches Wissen in die Praxis zu integrieren. Es geht also um die Frage, was man wissen muss und wie man vorgeht, wenn jemand von seiner heutigen zu einer verbesserten Praxis gebracht werden soll.
Zweitens müssen wir in der Lage sein, komplexe Probleme zu lösen. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die wir bei unserer täglichen Arbeit berücksichtigen müssen, und selten führt ein einfacher Weg zum Konsens.
Drittens können wir keine Menschen führen, die uns nicht vertrauen. Es liegt in unserer Verantwortung, Vertrauen aufzubauen.“