Rasante Veränderungen in einer unvorhersehbaren Zukunft

Die Anforderungen der Zukunft sind noch völlig ungewiss. Angesichts dieser Unsicherheiten und unberechenbaren Veränderungen können wir Kinder und Jugendliche nicht auf eine planbare Zukunft vorbereiten. Allen Szenarien ist jedoch eine Erkenntnis gemeinsam: Kinder und Jugendliche müssen nicht nur in der Lage sein, flexibel auf die Anforderungen der Zukunft zu reagieren. Vielmehr brauchen sie Kompetenzen, um die Zukunft selbstverantwortlich mitgestalten zu können. (Jabub Samochowiec (2020): Future Skills. Vier Szenarien für morgen und was man dafür können muss. GDI Gottlieb Duttweiler Institute im Auftrag der Jacobs Foundation.)

Schon jetzt ist zu beobachten, wie manuelle und kognitive Routineaufgaben in der Arbeitswelt abnehmen. Demgegenüber nehmen wir wahr, dass sich der Zugang zu Wissen demokratisiert hat. Es werden Anwendungsstrategien benötigt, die das Fachwissen und handlungsrelevante Fähigkeiten wirkungsvoll nutzbar machen. Damit geht auch eine Veränderung der Arbeitsweisen einher. In zeitgemäßen Arbeitsformen stehen Mitarbeitende nicht mehr im Wettbewerb. Vielmehr dominieren zunehmend multiprofessionelle Teamstrukturen eine kompetenzorientierte Personalentwicklung.
 

Deep Learning für eine sinnstiftende Schulbildung

Übersetzt in Anlehnung an die Präsentation von Prof. em. Michael Fullan im Rahmen der Impulsreihe „LeaderChips to go“ im Programm LiGa- Lernen im Ganztag 24.11.2020, Copyright NPDL.

Doch was bedeuten diese Tendenzen für das Schulsystem? Wollen wir Kinder und Jugendliche auf die Zukunft vorbereiten, beginnt die Ausgestaltung der Lerngelegenheiten in der Schule schon mit der Anschlussfähigkeit an ihre aktuellen Interessen, Stärken und Bedürfnisse. Lernziele und Formen des herkömmlichen Schulsystems passen weder zu der Lebenswirklichkeit vieler Kinder und Jugendlicher, noch korrespondieren sie mit den Anforderungen der Arbeitswelt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Relevanz der aktuellen Schulbildung für Lernende oft nicht mehr erkennbar ist. Dies zeigt sich dann nicht zuletzt in Schulmüdigkeit und Schulabsentismus.

Übersetzt in Anlehnung an die Präsentation von Prof. em. Michael Fullan im Rahmen der Impulsreihe „LeaderChips to go“ im Programm LiGa- Lernen im Ganztag 24.11.2020. Copyright NPDL.

Als Antwort auf diesen Zwiespalt stellte Prof. em. Michael Fullan am 24. November 2020 in seinem Vortrag für die digitale Impuls- und Austauschreihe „LeaderChips to go“ das Konzept des Deep Learnings vor. Es zielt auf ein sinnhaftes lebenslanges Lernen ab, das die ganzheitlichen Bedürfnisse der Lernenden berücksichtigt und die Eigenmotivation wecken möchte. Insbesondere Schulaufsichten und Schulleitungen wurden eingeladen, diese Erkenntnisse aus der Praxis für die gemeinsame Gestaltung einer zukunftsorientierten Bildung und Unterrichtsentwicklung zu nutzen.
Voraussetzung für diesen wirkungsvollen Lernansatz ist ein neues Rollenverständnis von Lernenden und Lehrenden:

Schlüsselkompetenzen für die Zukunft

Präsentation von Prof. em. Michael Fullan im Rahmen der Impulsreihe „LeaderChips to go“ im Programm LiGa- Lernen im Ganztag 24.11.2020. Copyright NPDL.

Die Neugestaltung des Lernens setzt eine Identifizierung der Globalen Kompetenzen voraus, die in der bisherigen Wissensarchitektur des Bildungssystems noch nicht hinreichend abgebildet sind. Diese Fähigkeiten und Kenntnisse sollten Lernende besitzen, um in der Gesellschaft jetzt und zukünftig aktiv teilhaben zu können:

  • Charakterstärke (Character)
  • Gesellschaftliches Engagement (Citizenship)
  • Zusammenarbeit (Collaboration)
  • Kommunikation (Communication)
  • Kreativität (Creativity)
  • Kritisches Denken (Critical Thinking)

Ausgehend von den englischen Begriffen spricht Fullan hierbei von den „6 Cs“. Diese Schlüsselkompetenzen für die Zukunft ersetzen dabei keinesfalls die herkömmliche Wissensvermittlung, sondern nutzen die erworbene Fachexpertise zur Entwicklung dieser komplexen Anforderungen. Für die Entwicklung der Globalen Kompetenzen setzt das Konzept auf vier Dimensionen: 

  • Professionelle Lerngemeinschaften: neue Lernbeziehungen mit allen Beteiligten des Bildungsprozesses 
  • Lernumgebung: neben der anregenden physischen Umgebung, sollen sich Lernende wohlfühlen, als Lernpartner ernst genommen werden und eine Atmosphäre des Zusammenhalts spüren
  • Digitalisierung: effektiver Einsatz digitaler Tools, um Lernen zu beschleunigen
  • Pädagogische Praktiken: selbstbestimmtes Lernen mit praxisnahen, interessengesteuerten Aufgaben, bei dem Lernende selbst Verantwortung für ihre Lernarbeit übernehmen können

Fazit

Schule als Wegbereiter und Türöffner für die Zukunft von Kindern und Jugendlichen erfährt eine Fokusverschiebung: Ihre originäre Aufgabe der Wissensvermittlung wird zum Sprungbrett für die Entwicklung von zukunftsrelevanten Kompetenzen und Haltungen.

Weiterlesen:

Jabub Samochowiec (2020): Future Skills. Vier Szenarien für morgen und was man dafür können muss. GDI Gottlieb Duttweiler Institute im Auftrag der Jacobs Foundation. Online frei verfügbar unter https://jacobsfoundation.org/publication/future-skills/ 

Michael Fullan, Joanne Quinn, Max Drummy und Mag Gardner (2020): Bildung neu gedacht: Die Zukunft des Lernens. Vom Fernunterricht zum hybriden Lernen - POSITIONSPAPIER FÜR EINEN PARADIGMENWECHSELIN DER BILDUNG. Microsoft und New Pedagogies for Deep Learning. Online frei verfügbar unter https://pulse.microsoft.com/uploads/prod/2020/08/BildungNeuGedacht_CH-DE.pdf

Impulsvortrag von Prof. em. Michael Fullan: „The Changing Nature of School Leadership“ vom 24.11.2020 auf www.schulaufsicht.de

Michael Fullan (2019): Leading in a Culture of Change. Jossey-Bass.
 

  • Erscheinungsdatum: 21.12.2020
  • LiGa
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